OMARA Mara Oláh
DIKH OMARA
Mit Beiträgen von Peter Bencze, Timea Junghaus, Ábel Sánta, Selma Selman, Everybody Needs Art, RJSaK ARCHIV, RomaMoMA und einem Display von Studio Caruso. Eine Ausstellung kuratiert von Fredi Fischli und Niels Olsen
2. Oktober – 9. November 2024
gta Ausstellungen, ETH Zürich, ONA Fokushalle, Oerlikon
Neunbrunnenstrasse 50, CH-8050 Zürich
Öffnungszeiten: Dienstag, Freitag und Samstag: 10:00 – 18:00 Uhr
Eröffnung: 1. Oktober 2024, 18 Uhr
18. Oktober 2024, 18 Uhr
Talk von Timea Junghaus (European Roma Institute for Arts and Culture)
Mit mehr als hundert Gemälden, Zeichnungen, Videos, Artist Books und Fotografien präsentiert gta Ausstellungen, ETH Zürich, die erste umfassende monografische Ausstellung von OMARA Mara Oláh (1945–2020) in der Schweiz. Mit dem Umzug in eine grosse postindustrielle Halle in den Quartieren Oerlikon und Seebach erweitert gta Ausstellungen seine Räumlichkeiten für diesen besonderen Anlass.
Omara, geboren in Monor, Ungarn, begann im Alter von vierzig Jahren mit der Malerei und traf programmatische Entscheidungen, um selbsttragende Umgebungen zu schaffen. Eine davon war, die Lieblingsfarbe ihrer Tochter in der grundlegenden Blauen Serie zu verwenden. Die Blaue Serie zeigt Episoden aus Omaras Leben und weist auf Auseinandersetzungen hin, die sich mit Mutterschaft, Kindheitserinnerungen und prekären Arbeitsbedingungen beschäftigen. Die Szenen in diesen Tableaus sind in einem persönlichen, zarten Blau gehalten. Omara schuf eine spezifische künstlerische Methode jenseits der figurativen Malerei und definierte so eine eigene Politik der Repräsentation. Sie begann, Sprache in ihre Kompositionen einzuschreiben. In Form von Anmerkungen, stellen diese Textebenen Zweideutigkeiten in Frage und formulieren klare Botschaften, Forderungen und Kritiken. Informiert durch andere Medien wie das Fernsehen oder Protestschilder, entziehen sich die Werke den Grenzen stummer Bilder. Jenseits der narrativen Verbalisierung trug Omara Texte auf Holz, Leinwand und Papier auf und schuf so Akzentuierungen ihrer eigenen Performances und provokativen Inszenierungen. Omara war eine engagierte Aktivistin, die selbst von den Roma abstammte und sich gegen systemische Ausgrenzung, Ungerechtigkeit und Rassismus einsetzte. Sie trat im Fernsehen auf und veröffentlichte in Zeitschriften. Durch ihre Besuche in Gefängnissen, wo sie mit Insassen über das Leben der Roma sprach, setzte sie sich für inklusivere (Kunst-)Institutionen ein. Im Sinne einer fortlaufenden Installation sammelte Omara Werke von befreundeten Künstlerinnen und Künstlern und stellte die Werke in ihrer Wohnung in Budapest aus. Ihr eigenes Zuhause erklärte Omara zum ersten den Roma-Künstlerinnen und -Künstlern gewidmeten Museum. Ihre Arbeit erlangte sowohl nationale als auch internationale Anerkennung. Im Jahr 2007 wurde Omara im ersten Roma-Pavillon der Biennale von Venedig ausgestellt, und 2022 wurde ihr Werk in die Documenta 15 aufgenommen.
Die Ausstellung wird in Zusammenarbeit mit Everybody Needs Art und RomaMoMA organisiert. Sie umfasst die Präsentation der nomadischen Bibliothek des RomaMoMA - „a library on the road “ – die als Ort für die Kunst- und Kulturgeschichte der Roma geschaffen wurde. Die Ausstellung richtet ihren Blick auf eine Institution, die die aktuelle Krise des „Museums“ anspricht und greift so ein Thema auf, das bereits in der früheren Ausstellung Unschöne Museen bei gta Ausstellungen, ETH Zürich, behandelt wurde. Das vom Internationalen Museumsrat (ICOM) anerkannte RomaMoMa ist nicht an ein festes Gebäude gebunden, sondern ein kollektives zeitgenössisches Kunstprojekt, an dem verschiedene Gemeinschaften beteiligt sind. In den Worten ihrer Mitbegründerin Timea Junghaus ist es „ein imaginärer und doch realer Raum, der die Kunst und die Künstlerinnen und Künstler der Roma beherbergt“. Das Suffix im Titel, MoMa (Museum of Modern Art), ist eine Anspielung auf prototypische, zeitgenössische Kunstmuseen; es betont auch die dominante Rolle von Museen in Prozessen der Kanonisierung sowie die fehlende Selbstrepräsentation von Minderheiten in Museumssammlungen.“
Weitere Materialien zu Omara, wie der Dokumentarfilm des Filmmachers Ábel Sánta, werden durch ein Werk der zeitgenössischen Künstlerin und Aktivistin Selma Selman ergänzt. Das Roma Jam Session art Kollektiv ARCHIV präsentiert zudem Arbeiten aus verschiedenen Sammlungen und in mehreren Medien, darunter Kostüme, ein Video, Masken, Kleidung und Poster. Ausgehend von einem Schweizer Kontext hat sich das Kollektiv mit dem Wandel und der Transformation des Roma-Labels beschäftigt. Das Studio von Adam Caruso hat zudem ein neues Ausstellungsdisplay entwickelt, das aus Holzpaneelen besteht, die an die Glaswände der Industriehalle gelehnt sind und zusammen mit der dichten Accrochage von Gemälden und Zeichnungen an grosse Plakatwände entlang von Baustellen erinnern.
Diese Ausstellung konnte dank dem Artist-in-Residence-Programm realisiert werden, das durch die grosszügige Unterstützung der Thomas und Doris Ammann Stiftung ermöglicht wurde.
Fotos: Nelly Rodriguez